Der Tod gehört zum Leben − das sagt sich so leicht. Aber wer macht sich schon konkrete Gedanken über den eigenen Tod oder den eines Angehörigen? Oft meint man, keine Zeit dafür zu haben. Dann steht man plötzlich vor einem Lebensende und weiß nicht damit umzugehen. Das betrifft auch junge Leute, wie wir in Schöppingen schon oft schmerzlich erleben mussten.
Vielleicht wäre jetzt eine Gelegenheit zu überlegen, wie Sie sich den eigenen Tod wünschen: Die meisten werden ihn sich im Schlaf gewünscht haben, viele sicherlich auch gut vorbereitet, andere wiederum haben vielleicht daran gedacht, dass sie zu Hause sterben wollen, aber ohne die Angehörigen zu belasten.
Dabei zu helfen ist unser Ziel. Uns geht es vor allem darum, dem Schwerstkranken und seinen Angehörigen etwas von der Schwere des Alltags abzunehmen. Es geht auch um die Entlastung der Familie. Besonders wichtig ist es, uns frühzeitig zu informieren, damit ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden kann. Wir wollen z.B. auch Vorlieben von Kranken kennenlernen, um später darauf eingehen zu können, wenn er sich vielleicht nicht mehr äußern kann.
Wir wollen daher das Gegenteil von einem "Todesengel" sein, vor dem der Kranke sich erschrickt und denkt, wenn die kommen, ist es soweit. Es gilt ihm und ebenso den Angehörigen zu helfen, mit der neuen Situation fertig zu werden. Wenn ich all das, was ich bei unserer Schulung erfahren habe, im letzten Jahr gewusst hätte, hätte ich manches besser gemacht in der langen Sterbephase meiner eigenen Mutter.
Wir bieten stundenweise Hilfe an, ganz dem jeweiligen Bedarf entsprechend. Praktisch läuft es folgendermaßen ab: Wenn jemand uns auf unserer Handy-Hotline oder im persönlichen Gespräch um Unterstützung bittet, kommen zwei von uns zu einem Erstgespräch, um mit der Person oder der Familie zu besprechen, wie wir helfen können und wer von unserer Gruppe kommt. Die oder derjenige von uns macht dann mit den Betroffenen aus, wann oder wie oft sie oder er sich einbringt. Es geht immer nur um einige Stunden pro Woche, denn fast alle von uns sind berufstätig. Unsere Hilfe ist ja rein privat und ehrenamtlich, d.h. kostenfrei.
Falls dieses Stundenkontingent bei zunehmender Schwere des Falles nicht mehr ausreicht, wird gegebenenfalls eine zweite Person − nach Absprache − hinzukommen. Wie schon gesagt, sind viele von uns berufstätig; es sind viele Pflegekräfte dabei, wie Sie auf dem Photo des Flyers bzw. im Internet sehen können. Diese merken oft, dass die Menschen bei der reinen Pflege zu kurz kommen und wollen von ihrer privaten Zeit Schwerstkranken etwas abgeben, ohne pflegerisch tätig zu sein, denn das ist nicht unsere Aufgabe. Sie helfen kostenfrei, rein menschlich, deshalb heißt unsere Gruppe auch "Mensch für Mensch".
Unterstützung brauchen wir dabei ganz dringend. Spenden sind natürlich immer willkommen und es gibt auch Spendenquittungen. Noch wichtiger jedoch sind Menschen aus Schöppingen, Eggerode oder Gemen, die bereit sind etwas von ihrer Zeit zu opfern. Wir treffen uns jeden ersten Mittwoch im Monat um 18.30 Uhr im Dachstübchen der Alten Küsterei. Jede hilfreiche Hand ist willkommen. Es geht dabei nicht nur um Hilfe bei den Betroffenen, sondern auch um Organisatorisches, denn wir sind nur dreizehn Männer und Frauen, wie Sie auf den Bildern sehen können.
Vor allem aber muss der Hospizgedanke von allen verinnerlicht werden. Es muss ganz selbstverständlich werden, dass sich jeder angesprochen fühlt, wenn in der Nachbarschaft oder im Bekanntenkreis eine traurige Nachricht bekannt wird. Durch Gespräche lernt man mit Schicksalsschlägen umzugehen und darauf zu reagieren. Oft brauchen auch Trauernde ein "offenes Ohr". Das gilt für alle, besonders aber für uns. Bei uns als "Fremden" kann man vielleicht leichter die Trauer abladen, mit der man Angehörige nicht noch zusätzlich belasten möchte. Auch für dieses verständnisvolle Zuhören ist es für uns wichtig, frühzeitig informiert zu werden und nicht erst in der Sterbephase.
Wir alle wissen um die Überwindung, die es kostet, uns in die Familie zu rufen, denn immer, wenn wir gebraucht werden, befindet sich eine Familie im absoluten Ausnahmezustand. Viele meinen sogar noch, es sei ein Zeichen von Hilflosigkeit oder gar Versagen, wenn sie uns rufen. Das Gegenteil jedoch ist der Fall: Es zeugt von Klugheit und Weitsicht. Gemeinsam kann man dann den Bedürfnissen aller gerechter werden. Oft fühlt sich der Schwerstkranke auch etwas erleichtert, wenn Angehörige zeitweise entlastet werden. Für uns ist es ein Vertrauensbeweis, wenn wir helfen dürfen und wir halten uns an unsere absolute Schweigepflicht.
Ansonsten stehen wir für weitere Fragen gerne zur Verfügung, auch über unser Handy oder per E-Mail. Die Kontaktdaten finden Sie hier im Internet.
Edith Radner, Hospizgruppe Mensch für Mensch, August 2011